Vorsicht Vollmacht: wenn Menschen mit und ohne Demenz alles verlieren

Menschen mit Demenz sind aufgrund ihrer Erkrankung besonders gefährdet, Opfer von Missbrauch zu werden. Ihre zunehmenden kognitiven Einschränkungen und die Schwierigkeiten, sich verbal auszudrücken, machen sie besonders verwundbar. Leider führt die Diagnose Demenz oft dazu, dass Außenstehende den Betroffenen ihre Glaubwürdigkeit absprechen. Dies schafft Raum für Missbrauch und Misshandlung. Betroffene können schwer geschädigt werden – körperlich oder psychisch-emotional. Und vor allem auch finanziell.

Viele pflegende Angehörige übernehmen via Vollmacht Aufgaben, aber auch Rechte und Pflichten, die zwingend nötig sind um den Alltag und die Versorgung von Menschen mit Demenz organisieren und leisten zu können. Das ist aller Ehren wert und das gegenwärtige professionelle Versorgungssystem könnte die tagtäglich durch pflegende Angehörige erbrachte Leistung nicht kompensieren, fiele sie weg. So weit, so bekannt. Doch es gibt eben auch die andere Seite. Vollmachten werden von Angehörigen oder auch Dritten für den eigenen Vorteil zum Schaden der Betroffenen genutzt. Rechtsanwältin Hilda Winnebeck hat sich mit ihrer Initiative dem Thema Vollmachtmissbrauch verschrieben. Sie stellt wichtige Informationen bereit, um Menschen zu sensibilisieren und Betroffene zu unterstützen. Denn in vielen Fällen wird der Missbrauch durch die Vollmacht der Betroffenen erst möglich.

Ein zentraler Aspekt des Missbrauchs ist die Ausnutzung von Vollmachten. Oft geht es dabei nicht nur um das Vermögen der Betroffenen, sondern auch um Leistungen aus der Pflegeversicherung. Für die Senioren kann dies gravierende Folgen haben – bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen, wenn notwendige pflegerische oder medizinische Versorgung verweigert wird.

Das Problem ist erschreckend groß, doch bleibt es in den meisten Fällen unsichtbar. In Deutschland gibt es keine genauen Statistiken über das Ausmaß dieses Missbrauchs. Nur Berlin hat bislang eine spezialisierte Dienststelle beim Landeskriminalamt (LKA), die sich mit der Bekämpfung und Prävention von Vollmachtmissbrauch befasst. Das Dunkelfeld ist daher hoch.

Pflegefachpersonen kennen diese Szenarien gut: Während eines Krankenhausaufenthalts oder einer Kurzzeitpflege wird plötzlich die Wohnung einer pflegebedürftigen Person gekündigt und ausgeräumt – ohne deren Zustimmung bzw. obwohl Patienten eindeutig äußern, wieder nach Hause zu wollen. Oder in der Langzeitpflege werden wichtige Dinge wie feste Schuhe, ein Hörgerät oder die Brille werden verweigert mit dem Hinweis auf die Kosten. Die Teilnahme an Aktivitäten wie Ausflügen oder Friseurbesuchen wird mit den Worten „Lohnt doch nicht mehr“ abgetan. Besonders in der häuslichen Pflege treten häufig innerfamiliäre Konflikte zutage, bei denen es letztlich oft um das Vermögen der Pflegebedürftigen geht. Natürlich bedeuteten nicht jede Ablehnung oder jeder Konflikt, dass hier eine Vollmacht missbraucht wird. Trotzdem sollten und müssen auch Pflegefachpersonen wachsam bleiben und die ihnen anvertrauten Menschen vor Missbrauch schützen.

Obwohl der Ablauf eines solchen Missbrauchs variieren kann, lässt sich dennoch ein typisches Muster erkennen.

Es ist wichtig, dass Pflegefachpersonen solche Muster erkennen. Häufig wissen jedoch auch gestandene Pflegeprofis nicht, an wen sie sich wenden können, wenn sie den Missbrauch einer Vollmacht feststellen und haben z.B. von der Möglichkeit, eine Kontrollbetreuung bei Gericht anzuregen, nie gehört. Dabei ist es wichtig zu erkennen, dass man Geschehnissen keineswegs hilflos „zusehen“ muss, die offensichtlich zum Schaden von Pflegebedürftigen sind. Pflegefachpersonen können und sollten hier ihre Vorgesetzen in die Pflicht nehmen, sie zu unterstützen.


Erste Informationen zur Missbrauchsthematik finden Interessierte auf der Webseite www.vollmachtmissbrauch.de.

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