Auf der Rückseite des Buchs steht als letzter Satz: „Ein unverzichtbarer Leitfaden für Angehörige und professionell Pflegende“. Für erfahrene, auf die Versorgung von Menschen mit Demenz spezialisierte Pflegefachpersonen stimmt das in meinen Augen nicht. Für sie ist es verzichtbar. Warum das Buch dennoch eine Empfehlung ist und für wen, erfahren Sie hier.
Inhalte und Kapitel
Das Buch, erschienen bei Trias, umfasst 120 Seiten. Autor Joachim Heil ist Krankenpfleger und hat Philosophie und Pädagogik studiert. *Das Buch setzt sich mit den besonderen Bedürfnissen und Herausforderungen auseinander, die sich bei der Betreuung von Menschen mit Demenz ergeben. Es bietet zudem eine Vielzahl an Beschäftigungsideen und nutzt dafür u.a. den Verweis auf historische Ereignisse und Begebenheiten. Von Mode bis zum Wirtschaftswunder, vom Fall der Mauer bis zur Mondlandung. Das bietet für die Beschäftigung, aber auch das Verständnis der Biographie und dem, was einst Normalität war, wichtige Hinweise und Anregungen.
Hier wird auch schon deutlich, weshalb es eine Empfehlung für pflegende An- und Zugehörige, Nachbarschaftshelfer und Betreuungskräfte oder ehrenamtlich Engagierte ist. Auch denke ich, dass es besonders jüngeren Menschen – z.B. Auszubildenden der Pflege – hilfreich sein kann, den Buchteil ab Seite 83 („Das Neue im Alten finden“) zu nutzen. Weitere Kapitel im Buch befassen sich u.a. mit dem person-zentrierten Ansatz, Demenzen als Syndrom-Diagnose, primären Demenzformen, Biographiearbeit und Erinnerungspflege, Haltung etc. .
Schwieriger Spagat
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass der Autor versucht hat einen Spagat hinzubekommen zwischen jenen, die das Buch lesen sollten. Für Pflegefachpersonen die mit Menschen mit Demenz arbeiten sind die Inhalte bezogen auf Demenzerkrankungen dabei nicht tiefgehend genug bzw. selbstverständliches Wissen. U.a. deshalb würde ich das Buch einer Pflegefachperson die mit Menschen mit Demenz arbeitet auch nicht empfehlen. Nichts Neues, nichts Unbekanntes. Was die Beschäftigungsideen angeht muss man nunmal heute konstatieren: das ist immer seltener und weniger Aufgabe von Pflegefachpersonen – dafür gibt es heute meist die Betreuungskräfte, die dafür auch die Zeit haben. Pflegeprofis brauchen daher dieses Buch in meinen Augen nicht.
Empfehlung für Angehörige und Betreuungskräfte
Anders sieht es aus hinsichtlich der Angehörigen und Betreuungskräfte oder ehrenamtlich Engagierter ohne entsprechende vertiefte Qualifikation in Sachen Demenz:
Sie erhalten ein gutes Buch mit einem sinnvollen, logischen Aufbau. Das Werk versucht ihnen eine goldene Mitte zwischen fachlichem Anteil der Krankheitslehre der Demenzen, spezifischen Aspekten von Haltung und personzentrierter Arbeit und Anregungen zum Verständnis und für die Betreuung und Beschäftigung Betroffener zu bieten.
Überbordende Informationen und langatmige Erläuterungen wie z.B. zum Thema Gedächtnis (Kurzzeitgedächtnis, Langzeitgedächtnis und deren Unterteilung in episodisches, semantisches, prozedurales, assoziatives Gedächtnis usw.) können ggfs. überflogen werden, sofern kein Interesse daran besteht und auch dem Leser die praktische Relevanz nicht klar sein sollte. Sie können in dem Fall getrost zu den Abschnitten springen, in denen Joachim Heil praktisch wird (im Beispiel: „Biographiearbeit und Erinnerungspflege praktisch“) um für ihren Alltag wichtige Informationen und Anregungen zu gewinnen.
Den praktischen Anteil herauszuheben und gesondert zu behandeln ist eine gute, sich durch das Buch ziehende Machart.
Fazit
*„Menschen mit Alzheimer und anderen Demenzen fördern und beschäftigen“ von Joachim Heil ist ein guter Ratgeber für alle, die außerhalb der spezialisierten Pflege mit Menschen mit Demenz arbeiten. Vor allem für jene, die privat oder beruflich Betroffene beschäftigen und betreuen ist es eine Kaufempfehlung. Heil gelingt es, auch eigentlich komplexe Themen auf verständliche Weise zu vermitteln und den Lesern wertvolle Werkzeuge an die Hand zu geben, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Dieses Buch ist daher nicht nur eine Anleitung zur Beschäftigung, sondern auch eine Inspiration, wie man den Alltag von Menschen mit Demenz sinnvoll und würdevoll gestalten kann.
Jochen Gust
In dieser Buchvorstellung: Menschen mit Alzheimer & anderen Demenzen fördern und beschäftigen: Praktische Anleitungen aus dem person-zentrierten Ansatz von Joachim Heil; TRIAS-Verlag; 1. Edition (4. September 2024); 25,00 €; ISBN-10: 3432114168
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