Weihnachten mit Menschen mit Demenz

Weihnachten mit einem Menschen mit fortgeschrittener Demenz zu feiern, bedeutet, den Fokus auf das Hier und Jetzt zu legen und gemeinsam kleine Momente der Freude zu schaffen. Die Verbindung zu Erinnerungen und Emotionen ist oft der Schlüssel zu einem schönen Erlebnis für alle Beteiligten. Ein paar Tipps für die Weihnachtsfeiertage mit Menschen mit Demenz finden Sie hier im Artikel.

Viele Angehörige, aber auch Pflegeprofis und Betreuungskräfte fragen sich jedes Jahr, wie sie auch mit Betroffenen Weihnachten gut verbringen könnten. Die wichtigste Antwort ist wohl: kein Stress, kein Druck. Vielerorts sind die (familiären) Erwartungen ans Weihnachtsfest genauso wie an den Jahresurlaub: zu hoch, als dass man es genießen könnte.

Nein, Sie müssen Heilig Abend kein Weihnachts-Demenz-Quiz mit der vergesslichen Großmutter machen oder irgendeinen kleinen Lord gucken. Wenn das gut ankommt, bittesehr. Aber bedenken Sie immer: es ist auch Ihr Weihnachtsfest und das der Familie bzw. der Umgebung.

Da sich die Themen jedes Jahr zu dieser Zeit ähneln, sind sie hier unterteilt und mit Antworten bzw. Tipps verbunden:

Ganz generell kann man sagen, dass sich aller Erfahrung nach Menschen mit Demenz in überschaubaren Gruppen wohler fühlen, als in großen Menschenmengen. Wenn den Weihnachtsmarkt besuchen – tolle Sache. Aber suchen Sie eine Zeit aus, in der er vielleicht nicht so voll ist, weniger Menschenmassen zu erwarten sind. Oder fahren Sie bewusst mit dem Betroffenen auf einen kleineren Weihnachtsmarkt als zum „weltberühmten“ Touristenmagneten. Treffen Sie Vorsichtsmaßnahmen für den Fall, dass Sie in der Menge getrennt werden.

Am besten solche, die Betroffenen aus der eigenen Kindheit / Jugend gut bekannt ist. Weihnachtsmusik ist toll – bzw. es gibt schöne Weihnachtslieder. Eine Dauerbeschallung sorgt aber in jedem Gehirn für Stress. Stress muss abgebaut werden und sucht sich einen Weg dafür. Auch für die schönste Weihnachtsmusik gilt: dosiert, bitte.

Weihnachtsdekoration kann positiv und orientierend wirken, wenn Sie folgendes beachten:

• Vermeiden Sie blinkende, geräuschproduzierende Deko – sie kann verwirrend oder beunruhigend sein.
• Verzichten Sie auf Dekorationen, die Lebensmitteln ähneln (z. B. Plastikäpfel), um Verwechslungen zu vermeiden.
• Achten Sie auf Stolperfallen durch Kabel und befestigen Sie diese sicher.
• Kerzen ersetzen Sie besser durch elektrische Alternativen.

Ermöglichen Sie das Backen oder auch Kochen mit Unterstützung:
• Bereiten Sie die Zutaten vor (abgemessen, in Reihenfolge von oben nach unten oder links nach rechts bereitstellen) und bieten Sie immer wieder Ihre Unterstützung an.
• Stellen Sie ein gut lesbares Rezept bereit und machen Sie daraus eine gemeinsame Aktivität – vielleicht sogar mit den Enkeln.
• Vergessen Sie nicht: auch hier zählt das Tun mehr als das Ergebnis.

Prinzipiell alles was Freude macht und eine möglichst geringe Verletzungsgefahr mit sich bringt. Worüber sich jemand freut oder wovon er etwas hat, ist individuell sehr verschieden. Wenn Sie noch über ein Geschenk nachdenken, teilen Sie in die untenstehenden drei Bereiche ein. Auf diese Weise können Sie Struktur in Ihre ÜBerlegungen bringen, um das richtige Weihnachtsgeschenk zu finden. Ordnen Sie Ihre Idee einem der Bereiche zu und „sammeln“ Sie auf diese Weise, bis Ihnen etwas davon besonders gefällt.

  • Sinnesanregungen: z.B. Parfüm, Musik aus der Jugend, ein Steckspiel.
  • Praktische Dinge: z.B. kuschelige Decken, Massagebälle, Alltagshilfen.
  • Erinnerungen: z.B. Fotobücher, Familienfotos, Bilder der Heimat, alte Filme, Musik von früher.

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*Uhr mit Erinnerungsfunktion

Malsets, die ohne Farbe auskommen mit verschiedenen Motiven: z.B. *Garten, *Bauernhof, *Oldtimer.

Auch beliebt sind Puzzles. Achten Sie hierbei darauf, dass Sie nicht zu viele Teile und möglichst klare Motive wählen, je nach Stand der kognitiven Fähigkeiten:

4 Teile: *Kaffee und Kuchen, 13 Teile: *Welpen, *Sommervögel, 6er-Pack *16 Teile, 35 Teile: *Badende Vögel.

Weihnachten mit Menschen die eine Demenz haben zu feiern, erfordert eine gewisse Rücksicht und Planung. Rituale, vertraute Aktivitäten und liebevolle Gesten schaffen emotionale Momente der Verbundenheit. Diese Gefühle sind unabhängig irgendeiner Diagnose.

Vor allem das Erlebnis an Gemeinschaft, die gemeinsame Zeit ist wertvoll. In Einrichtungen muss bei der Auswahl von Aktivitäten – z.B. Stationsweihnachtsfeiern, darauf geachtet werden, dass überforderten Betroffenen rechtzeitig buchstäblich Raum gegeben wird: dem Weinachtstrubel müssen und dürfen Betroffene sich entziehen können. Gleichzeitig ist es wichtig, auch völlig passives Dabeisein zu ermöglichen. Nur weil sich jemand an der Weihnachts-Waffelbacken-Aktion nicht aktiv beteiligt oder nicht mitsingt, heißt das nicht, dass er dem Erlebnis nichts abgewinnen kann. Unterschätzen wir nicht die inneren Vorgänge von Menschen, die sich vielleicht nicht äußerlich wahrnehmbar zeigen.

Führungskräfte von Pflegeeinrichtungen können ihren Teams gerade zu Heilig Abend und Silvester einen Gefallen tun: Anfragen von (Lokal-)Politikern der Einrichtung einen medienwirksamen Besuch abzustatten, erteilen sie eine Absage. Ohnehin sind die Weihnachtsfeiertage häufig für Mitarbeitende druckvoll. Viele Besucher (Angehörige), viele Eindrücke die Menschen mit Demenz verarbeiten müssen – und meist eine ausgedünnte Personaldecke. Der Politiktross der sich nun für die Presse zu Weihnachten in der Pflege sonnen möchte, darf sich für seinen Besuch gerne eine andere Zeit aussuchen. Das erspart Menschen mit Demenz und Mitarbeitenden zusätzliche Unruhe, zusätzlichen Druck.

Ihnen allen eine schöne Weihnachtszeit.

Jochen Gust

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