Es gibt eine Vielzahl von Verfahren um relevante kognitive Beeinträchtigungen festzustellen. Wichtig ist, dass die Anwendung in einem angemessenen Rahmen und unter passenden Umständen stattfindet – und sie nicht der Endpunkt der Diagnostik sind.
Eine frühe Diagnose eröffnet Möglichkeiten
Es ist gut, dass in der Bevölkerung das Bewusstsein und Wissen rund ums Thema Demenz in den vergangenen Jahren gewachsen ist. Eine frühe Diagnose ermöglicht Betroffenen nicht nur Entscheidungen zu Behandlungswegen zu treffen. Auch Festlegungen wer für sie einmal entscheiden soll falls notwendig, können noch getroffen werden. Frühzeitig auf kognitive Beeinträchtigungen zu reagieren ist für die gesamte weitere Lebensplanung wichtig.
Ein Phänomen mit vielen möglichen Ursachen
Kognitive Beeinträchtigungen können eine Menge Ursachen haben. Eine Demenz kann ursächlich sein, muss es aber nicht. Vergiftungen, Flüssigkeitsmangel, Depressionen etc. können Testergebnisse verfälschen, zu Falsch-Positiven Ergebnissen führen. Gerade Laien wissen dies oft nicht. Ein bestimmter Punktewert den sie nun am heimischen Küchentisch mit Oma herausbekommen haben, bedeutet dann: Alzheimer.
Problematisch ist in dieser Hinsicht, dass auch in Artikeln oder auf Webseiten von und für Pflege und Medizin immer wieder im Rahmen dieser Tests dargestellt wird, dass damit eine Demenz diagnostiziert würde. Punktewert – und fertig.
Am Klügsten ist es daher sicherlich, von „innerfamilären Alleingängen“ abzuraten und Testungen in Zusammenarbeit mit dafür geschulten Gesundheitsfachleuten durchzuführen. Und stets klarzustellen, dass normalerweise weitere diagnostische Schritte notwendig sind.
Testungen nehmen keine Rücksicht
Gängige Tests haben auch Schwächen. Z.B. greifen bestimmte Tests eher im frühen Stadium, manche erst bei mittelschwerer Ausprägung einer Demenz. Es kann ein bestimmtes kognitives Vorniveau verlangt sein um Testaufgaben erfolgreich zu bestehen, oder die ausreichende Funktion von Hör- und Sehfähigkeit vorausgesetzt sein. Mediziner und Pflegefachleute wissen dies. Und auch, dass eine Testung einen passenden Rahmen braucht und in bestimmten Situationen oder Zuständen eine Testung nicht sinnvoll ist.
Beispiele für gängige Testungen sind
- Mini-Mental-Status-Test (MMST od. engl. MMSE) – Ein häufig verwendetes Screening-Tool zur Bewertung von kognitiven Funktionen, insbesondere bei älteren Erwachsenen.
- DemTect – beinhaltet Tests zur Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit und sprachlichen Fähigkeiten.
- Clock-Drawing Test (CDT) – Ein einfacher Test, bei dem die Testperson eine Uhr zeichnet, um kognitive Fähigkeiten wie Planung, visuelle Wahrnehmung und Exekutivfunktionen zu bewerten.
- Trail-Making-Test (TMT) – Ein Test, der die visuelle Such- und Aufmerksamkeitsfunktionen sowie die Geschwindigkeit der Verarbeitung misst. Er besteht aus zwei Teilen (TMT-A und TMT-B), die unterschiedliche kognitive Fähigkeiten testen.
- Montreal Cognitive Assessment (MoCA) – Ein weiteres Screening-Tool zur Identifizierung von kognitiven Beeinträchtigungen, das verschiedene kognitive Bereiche wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Sprache und visuell-räumliche Fähigkeiten umfasst.
- Frontal Assessment Battery (FAB) – Ein Test, der speziell auf die Bewertung frontaler kognitiver Funktionen und Exekutivfunktionen ausgerichtet ist, einschließlich der Fähigkeit zur Planung, zur Durchführung abstrakter Denkaufgaben und zur kognitiven Flexibilität.
- Der CERAD-Test (CERAD+) (Consortium to Establish a Registry for Alzheimer’s Disease) ist ein neuropsychologischer Test, der entwickelt wurde, um verschiedene kognitive Funktionen zu bewerten und insbesondere Hinweise auf Alzheimer-Krankheit und andere Formen von Demenz zu erkennen.
- Nürnberger Altersinventar (NAI) – ein Verfahren zur Diagnostik von kognitiven Leistungen älterer Menschen. Das NAI wurde speziell für den Einsatz in der gerontopsychologischen Diagnostik konzipiert und umfasst eine Reihe von Tests und Fragebögen, die verschiedene kognitive Bereiche abdecken.
Depression, Seh- und Hörbehinderungen
Zu den Ursachen die eine Pseudodemenz vorspiegeln können, gehören Depressionen. Daher wurde zur Abgrenzung ein eigenes Testverfahren entwickelt.
Seh- und Hörbeeinträchtigungen können die Ergebnisse von psychometrischen Tests der kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigen oder verfälschen. In der Praxis führt dies einerseits dazu, dass die Testungen aufgrund der Beeinträchtigungen nicht durchgeführt oder abgebrochen werden. Oder sie werden mangels Alternative dennoch durchgeführt, mit fraglichen Ergebnissen. Falsch-positive Ergebnisse können die Folge sein. Daher wurden erweiterte Testungen entwickelt, die darauf Rücksicht nehmen. Etwas zum DemTectEye+Ear finden Sie hier.
Ein neuerer Test der praxistauglich die Testung bei Menschen mit Hörbeeinträchtigungen ermöglichst, ist der O-DEM. Er wurde von einem Team um Wissenschaftlerin Isabell Ballasch entwickelt. In der Mai-Ausgabe von im Fokus: Demenzpflege werde ich diesen ausführlich vorstellen.
Jochen Gust
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