Ich werde häufig nach Empfehlungen gefragt. Mal zu Beratungsstellen, mal zu Pflegeeinrichtungen, nach hilfreichen Webseiten in Sachen Demenz (wie dieser), Konzepten, ReferentInnen, Erfahrungen mit technischen Entwicklungen – und auch nach Büchern. Heute stelle ich eines vor, das bei schlütersche erschienen ist.
Demenz, Delir, Depression
„Symptome erkennen – schnell und individuell handeln“, so der Untertitel des Buchs von Ingrid Hametner. Zusätzlich findet sich auf dem Cover ein Hinweis auf Sonderkapitel zu Wahn und Schizophrenie. Schauen wir mal.
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Die Autorin ist u.a. Krankenschwester, Lehrerin für Pflegeberufe und Management- und Personaltrainerin und unterrichtet unter anderem beim Bildungswerk des ASB Köln. Unterteilt in 10 Hauptkapitel auf 148 Seiten bringt die Autorin alle 3 Themenkreise näher und wie diese sich unterscheiden. Das Buch beginnt mit dem Kapitel zu Demenzerkrankungen. Angereichert mit Fallbeispielen stellt sie Definitionen, Diagnostik und auch den Umgang dar.
Enthalten ist beim Thema Demenz auch eine Darstellung der – aus Sicht einer Einrichtungsleiterin – bestehenden Qualifizierungserfordernisse, unterschieden in Pflegfachleute und Helfer (Assistenzberufe). Etwas einseitig auf mich wirkte stellenweise die starke Fokussierung auf Validation in Haltung und Kommunikation beim Thema Demenz. Bekanntermaßen ist Validation ein Mittel, nicht das einzige (Evidenz?). Auch auf die strukturellen Rahmenbedingungen weist Hametner hin und nutzt dafür Anteile der Vereinbarung über die besondere stationäre Betreuung von Menschen mit Demenz Hamburg (2016). Anzumerken ist, dass auch Binsenweisheiten gelistet werden, wie z.B. S. 38: „Als Pflegefachkraft sollten Sie Strategien zum Umgang mit Bewohnern mit herausforderndem Verhalten kennen, um deeskalierend darauf eingehen zu können.“.
Die Unterschiede
Gut ist, wie die Autorin es geschafft hat mit einer klaren Untergliederung und ohne über Fachwörter Tiefe zu simulieren, die Themen Depression und Delir von Demenzerkrankungen zu trennen und die Unterschiede verständlich zu erklären. Dieses Wissen ist auch deshalb wichtig in Pflegeberufen, weil die Erkrankungen bzw. deren Wirkungen und Folgen gemeinsam auftreten können und sich dann wechselseitig beeinflussen. Menschen mit Demenz haben ein höheres Risiko für Depression und delirante Zustände. Zurecht weist Ingrid Hametner daher im Kapitel 6 (Depression) auf die Gefahr von Fehldiagnosen hin.
Sonderkapitel Wahn und Schizophrenie und Gespräche zum Schluss
Diese Kapitel sind ähnlich aufgebaut wie die vorherigen (Fallbeispiele) mit Definition, Abgrenzung aber auch Zusammenhänge im Rahmen einer Demenz werden dargestellt, ebenso wie pflegerische Handlungsmöglichkeiten und Rahmenbedingungen der Versorgung.
Am Ende des Buchs (Kapitel 9) wurden Gespräche in Frage und Antwortform mit Leitungskräften angefügt. Es geht zum einen um Unterschiede in der Pflege der verschiedenen Krankheitsbilder einerseits, andererseits kommen die Einrichtungs- und Pflegedienstleiterin einer „Spezialeinrichtung“ aus Bremerhaven zu Wort, auf die im Buch bereits an anderer Stelle abgestellt wurde. Das wirkt auf mich nicht richtig passend, sondern mehr wie ein Gefallen an eine befreundete Einrichtung. Schließlich kommt noch Edgar Neuber zu Wort als Leiter der Akutstation des Behandlungszentrum für Psychiatrie des Klinikums (schon wieder) Bremerhaven Reinkenheide gGmbH.
Fazit und Empfehlung
Im letzten Kapitel (10) heißt die Überschrift „Achten Sie auf sich selbst“. Das ist stets eine gute Idee, egal ob Pflegeberufler oder nicht. Darin weist die Autorin kurz darauf hin, dass „(….) Ihr eigener Akku immer wieder aufgefüllt werden muss, damit Sie anderen Menschen auch weiterhin etwas geben können.“. Es gibt ja so Hinweise, die sind nie falsch. Ansonsten wird sich in diesem nur rund 2 Seiten starken Kapitel im Wesentlichen auf die Wiedergabe einiger Ergebnisse aus einer Umfrage beschränkt.
*Kann ich das Buch empfehlen für die 3 Themenbereiche Demenz, Delir und Depression? Ja, wenn Sie Berufsanfänger oder noch in Ausbildung in der Pflege sind oder einen Hilfs-/Assistenzberuf ausüben in diesem Bereich. Man merkt dem Buch einfach sehr das „Pflegelehrerinnendasein“ der Autorin an – Profis die im Thema sind werden dem Werk eher nichts Neues entnehmen können und sich ggfs. auch am Umfang und der Menge der ausgewählten Informationen stören. Das Interviewkapitel (9) ist in meinen Augen Füllmaterial, ohne die das Buch prima ausgekommen wäre – ebenso wie die beiden Seiten zur Selbstpflege.
Ein Lesetipp (oder auch Geschenktipp) ist das Buch durchaus dennoch auch für Betreuungskräfte oder Ehrenamtler die vergleichsweise gering vorbereitet (ausgebildet) losgelegt und nicht zuvor einschlägig als Pflegefachleute tätig waren. Auch diejenigen, die vielleicht nach vielen Jahren Berufserfahrung in anderen Pflegebereichen oder aus einem aktuellen Anlass eine kurze Auffrischung haben möchten, sind mit diesem Buch nicht schlecht beraten.
Jochen Gust
In dieser Vorstellung: Demenz, Delir, Depression: Symptome erkennen – schnell und individuell handeln – mit Sonderkapitel „Wahn“ und „Schizophrenie“ Taschenbuch – erschienen am 23. April 2020 bei Schlütersche; 148 Seiten v. Ingrid Hametner; 26,95€.
Weitere Rezensionen zu Büchern zum Thema Demenz? Finden Sie z.B. hier: „Dement, aber nicht vergessen“ von Michael Schmieder oder Grundlagen zu Diagnostik und Therapie bei Alzheimer und Demenz von Prof. Förstl.
Titelfoto: Polina Zimmermann on pexels
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