Delir: Risiko Arzneimittel

Ein Delir ist ein akute Erkrankung des Gehirns bzw. Störung seiner Funktionen. Menschen mit Demenz haben ein hohes Risiko, ein Delir zu erleiden. Medikamente können dieses Risiko erhöhen.

Die plötzlich (abgrenzbar) auftretende Störung ist potentiell lebensbedrohlich sowohl hinsichtlich der Ursachen als auch der Folgen. Zahlen zur Häufigkeit schwanken je nach Quelle, Methodik und untersuchten Personengruppe. Der Entstehung liegen verschiedene Ursachen zu Grunde, die sich wechselseitig beeinflussen. Ältere Menschen haben ein erhöhtes Risiko, ein Delir zu erleiden. Eine Demenz gilt als Risikofaktor für diesen Zustand. Beides muss jedoch voneinander unterschieden werden.

Verschiedene Arten (er)kennen

Noch immer ist der Kernaspekt, einen deliranten Zustand insbesondere bei vorbestehender Demenz, überhaupt festzustellen. Nur dann wird eine adäquate Behandlung eingeleitet und mögliche schwere Folgen verhindert. Potentiell ist ein Delir reversibel. Für den Krankenhausaufenthalt bedeutet ein Delir eine längere Verweildauer und eine Verschlechterung des Behandlungsergebnisses. Das Sterberisiko ist erhöht.

Etwa 25% der Delirien spielen sich in der hyperaktiven Form ab, weitere ca. 25% sind hypoaktive Zustände und etwa die andere Hälfte sind Mischformen. Für die Detektion gibt es verschiedene Assessmentinstrumente wie z.B. die Confusion Assessment Method, Nursing Delirium Screening Scale oder als schnelles Instrument zur Vorauswahl der einfach anzuwendende 4-Assessment Test for delirium (4AT). Nicht immer kann eine organische Ursache gefunden und behandelt werden.

Risikoerhöhung – auch durch Medikamente

Individuell verschiedene Faktoren erhöhen das Risiko, ein Delir zu erleiden. Bei einer Demenz spielt auch der Schweregrad, also der Krankheitsfortschritt, eine Rolle. Der Entstehung bzw. der Prävention eines Delirs liegt das sog. Schwellenkonzept zugrunde: die Wahrscheinlichkeit in diesen Zustand zu geraten, steigt mit der Anzahl und Schwere der vorbelastenden Faktoren und deren Kombination ebenso wie das Risiko sinkt, wenn diese Faktoren reduziert werden können. Zu den Präventionsmaßnahmen zählen vor allem auch nichtmedikamentöse Vorgehensweisen wie Mobilisierung, Maßnahmen bei bzw. gegen Schlafstörungen, Orientierungshilfen, ausreichende Flüssigkeitsversorgung, Vermeidung von Fixierungen und andere mehr.  

Neben anderen Stoffen können auch Medikamente das Delirrisiko erhöhen.

Es ist daher von großer Bedeutung, dass Patienten entsprechend beobachtet und Auffälligkeiten dokumentiert und mitgeteilt werden. Vielfach steigt mit der Höhe der Dosierung eines Arzneimittels auch das Delirrisiko, weshalb hier sorgsam abgewogen werden muss.

Delirmanagement – nicht nur im Krankenhaus

Zwar kommen delirante Zustände in Krankenhäusern gehäuft vor – etwa postoperativ. Jedoch sollte das Delir keineswegs nur dort Thema sein. Denn ein Delir, insbesondere beim älteren Menschen, kann auch im Pflegeheim oder in der häuslichen Versorgung entstehen. Dies ist stark abhängig von den begünstigenden Faktoren und den direkten Auslösern wie etwa Infekten, Elektrolytestörungen, Niereninsuffizienz, engleiste Blutzuckerspiegel, sensorische Deprivation und viele anderen. Festzuhalten ist: eine plötzliche, akute Verwirrtheit und Wesensänderung oder deren Verschlimmerung sind keine typischen Verläufe einer Demenz. Es ist immer eine ärztliche Abklärung notwendig und ein Delir(Verdacht) ist als Notfall zu behandeln.  

Buchempfehlung: *Akute Verwirrtheit – Delir im Alter (Huber); *Leitlinie Delir: Empfehlungen zur Prävention, Diagnostik und Therapie des Delirs im Alter (Hogrefe). Der Perspektive von Angehörigen von Delirpatienten hat sich Sonja Freyer hier gewidmet. Berufsanfänger oder Auszubildende wiederum können sich dieses Buch einmal näher anschauen.

Jochen Gust

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Jochen Gust

Pflegefachperson, Projektmitarbeiter, Demenzbeauftrager im Krankenhaus, Autor, Moderator, Dozent

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