Viele Bücher in Sachen Demenz die in den vergangenen Jahren erschienen sind, haben etwas gemeinsam: sie fassen lediglich bereits Bekanntes nochmals neu oder anders zusammen. Alles schon mal dagewesen, alles bereits veröffentlicht – nur halt noch nicht von jedem Verlag. Dasselbe gilt für die pdf-Broschürenflut im Internet.
Umso erfreulicher – um die Katze jetzt schon aus dem Sack zu lassen – an dieser Stelle auf das Buch von Rashid Hamid hinzuweisen. Es ist zwar kein Buch in Sachen Demenz, auch kein Fachpflegebuch – aber es macht etwas erfrischend anders. Rohwolt hat mit der Herausgabe dieses 176 seitigen Taschenbuchs einen Treffer gelandet. Die Rede ist von *„Ein Herz und eine Pflege“ von Rashid Hamid.
Der Tiktoktexter
Der Autor ist Altenpfleger und Inhaber eines Pflegedienstes in Hamburg. Im Buch, welches mit Unterstützung von Ariane Grundies entstanden ist, erzählt er von seinem Werdegang und seiner Arbeit in der Altenpflege. Bekannt ist Hamid (offenbar) bisher vor allem für seinen TikTok-Kanal, den ich nicht kenne – aber offenbar mehr als 250000 andere Menschen (Follower; Stand 29.03.24). Ich bin also insofern nicht voreingenommen, weil ich nicht zu seinen „Tiktok-Fans“ zähle. Wohl aber wurde ich in der Vergangenheit von der ein oder anderen Branchenkollegin schon auf den Account hingewiesen.
Was macht das Buch aus?
Anders ist für mich, dass Hamid zwar darin nicht die Härten die Pflege hat ausspart, auch nicht versucht den Eindruck zu erwecken, bei ihm oder seinem Pflegedienst sei alles eitel Sonnenschein. Dann wäre es kaum mehr als in Buchform veröffentlichte Eigenwerbung – sowas langweilt mich nach wenigen Seiten. Der Autor erzählt also aus seinem – aus unserem – Beruf und den Dingen die man so erlebt, erträgt und die einen immer wieder staunen lassen.
Von den Dingen, die Menschen zu Menschen machen, von den Erlebnissen, die in dieser Form wohl nur Pflegende erfahren auf der fein austarierten Grenze professioneller Distanz und menschlicher Nähe. Und vielleicht auch davon, dass wir unweigerlich das ein oder andere Mal diese Distanz unterschreiten, bis wir zurückfinden. Im Prinzip – für Altenpflegerinnen und Altenpfleger – nicht grundsätzlich etwas Neues oder völlig Außergewöhnliches. Jedoch erzählt Rashid Hamid dies mit einer erfrischend wirkenden, ansteckenden Freude die er irgendwie zwischen die Zeilen gepackt hat, dass es durchaus ansteckend wirkt. Und authentisch. Man glaubt, man kann sich diesen Kollegen wirklich gut vorstellen. Sich vorstellen mit ihm zu sprechen, zu diskutieren, sich auszutauschen wie es oft nur Pflegeberufler untereinander können. Man weiß. Man hat erlebt.
Ein starkes Zeichen für die Pflege
Wenn man sich viel im „Pflegeinternet“ bewegt, begegnet man vielfach Pflegeberuflern oder ehemaligen Pflegeberuflern, die Foren oder SocialMedia-Plattformen scheinbar vor allem dazu nutzen, ihre Frustration zum Ausdruck zu bringen. Oft verbunden mit beißendem Spott beschreiben sie die Zustände, die sie so sehr belasten. Da kommt so ein Buch gerade recht (vielleicht auch der Tiktok-Account).
Bei allen – berechtigten – Beschwerden über die Bedingungen in der Pflege tritt oftmals völlig in den Hintergrund, was für ein wunderbarer Beruf das ist. Rashid Hamid und Ariane Grundies setzen mit diesem Buch einen klares, sehr willkommenes Ausrufezeichen dafür.
Jochen Gust
Coverbild: Rowohlt-Verlag ; Titelbild-Hintergrund: Rafael Cosquiere on pexels
In dieser Buchvorstellung: Ein Herz und eine Pflege: Vom Glück, für andere da zu sein; von Rashid Hamid und Ariane Grundies; Rowohldt Verlag; 2. Edition (30. Januar 2024); Taschenbuch 13,00 Euro.
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