Pflegebevollmächtigter möchte im Amt bleiben – weiterhin gegen Impfpflicht

Aktuell stiegen die Corona-Fallzahlen wieder und der Winter steht erst noch bevor. Zum Teil gab es schwere Impfdurchbrüche in Pflegeheimen, auch mit Toten. Wieder und wieder haben Gesundheitspolitiker wie beispielsweise der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen Karl-Josef Laumann insbesondere Pflegekräfte aufgerufen, sich impfen zu lassen. Bereits im Januar kritisierte der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung Andreas Westerfellhaus, in einem Beitrag des Deutschlandfunks die Impfskepsis mancher Pflegender. Wo stehen wir aus Sicht des Pflegebevollmächtigten heute?

Jochen Gust: Herr Westerfellhaus, Sie habe auch Krankenpfleger gelernt und als solcher gearbeitet. Ärgert es Sie besonders, wenn Kolleginnen und Kollegen aus der eigenen Branche sich nicht impfen lassen oder gar Falschbehauptungen zur Impfung in sozialen Medien teilen?

Andreas Westerfellhaus: Natürlich ist es ärgerlich und fatal, wenn Falschaussagen in den sozialen Netzwerken verbreitet werden. Ich bin aber überzeugt, dass die meisten Pflegekräfte sich der Konsequenzen durch das Coronavirus sehr bewusst sind, verantwortungsvoll handeln und zuletzt auch den bestmöglichsten Schutz für die Pflegebedürftigen wollen.

Jochen Gust: Eine Impfpflicht für Pflegekräfte lehnten Sie im September ab, berichtete z.B. das Ärzteblatt. Wie stehen Sie heute dazu, angesichts der Impfdurchbrüche in Pflegeheimen?

Andreas Westerfellhaus: Ich bin nach wie vor gegen eine Impfpflicht. Damit lösen wir keine Probleme, insbesondere gegen Impfdurchbrüche würde sie ja nichts bewirken. Ich appelliere aber noch einmal an alle Pflegekräfte, die noch nicht geimpft sind, ihre Impfentscheidung mit Professionalität und fachlichem Wissen, wie es durch viele Studienergebnisse und Experten zur Verfügung gestellt wird, zu treffen.

Jochen Gust: Glauben Sie, wenn die Fallzahlen weiter steigen und es zu weiteren Fällen in Pflegeeinrichtungen kommt, dass im Winter 2021/2022 ähnlich restriktive Besuchsregeln drohen wie zuletzt, als die Einrichtungen nahezu abgeschottet waren für Besucher*innen?

Andreas Westerfellhaus: Es darf nicht noch einmal zu Besuchsverboten und anderen gravierenden Einschränkungen kommen, wie wir sie in den ersten Wellen der Pandemie erleben mussten. Deshalb halte ich es auch für sehr wichtig, dass wir möglichst bundesweit einheitliche Regelungen haben, die eine klare Richtschnur geben. Zudem ist es weiterhin nötig die Pflegeeinrichtungen zu schützen, zum Beispiel durch die Fortführung von Testungen für Personal und Besucher in den Pflegeeinrichtungen auch über die Jahreswende hinaus.

Jochen Gust: Können Sie 3 Punkte nennen, die aus Ihrer Sicht die neue Bundesregierung sofort angehen muss, sobald sie die Amtsgeschäfte übernimmt?

Andreas Westerfellhaus: Die Herausforderungen sind doch allen klar: wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen und eine faire Bezahlung für alle Pflegekräfte. Dafür ist eine echte Personalbemessung sowohl im Krankenhaus als auch in der Langzeitpflege Voraussetzung. Und als letzten Punkt möchte ich die Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen nennen. Diese müssen wir z.B. durch bedarfsgerechte, individuelle und flexible Angebote ermöglichen. Wenn ich die Signale der neuen parlamentarischen Mehrheit höre, liegen diese Herausforderungen auf dem Tisch der Koalitionsverhandlungen. Aber auch die Pflegekräfte selbst müssen dafür sorgen, dass Ihre Forderungen deutlich und möglichst mit einer Stimme gehört werden.

Jochen Gust: Die CDU wird nicht mehr Teil der kommenden Bundesregierung sein. Wird das Amt des Pflegebevollmächtigten auch unter einer Ampel-Koalition weiter von Ihnen ausgeübt werden?

Andreas Westerfellhaus: Die Entscheidung darüber, wer der oder die neue Pflegebevollmächtigte wird, trifft das neue Kabinett. Ich finde diesen Posten gerade jetzt besonders wichtig und würde gerne weiter mit meiner Expertise und meiner ganzen Kraft die angesprochenen Herausforderungen angehen.

Ich danke Herrn Westerfellhaus für seine Antworten.

Jochen Gust

Foto © Pflegebevollmächtigter, Fotograf Holger Gross

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