Mehr Befugnisse, weniger Bürokratie: Was das neue Gesetz für die Versorgung bedeuten könnte

Der Bundestag hat am 6. November 2025 das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege beschlossen. Für Menschen mit Demenz und ihre Teams könnte das heißen: schneller handeln, gezielter beraten, weniger Papier.

Wie das Gesetz wirken könnte

Pflegefachpersonen würden erweiterte Befugnisse erhalten und könnten in klar definierten Grenzen eigenverantwortlich Leistungen erbringen – teils nach ärztlicher Erstdiagnose, teils unmittelbar auf Basis einer pflegerischen Diagnose. In der häuslichen Versorgung würde die Präventionsberatung gestärkt: Pflegefachpersonen dürften passende Empfehlungen direkt aussprechen. Gleichzeitig würde der Bürokratieabbau greifen: Die Dokumentation würde auf das notwendige Maß begrenzt, Prüfungen würden früher angekündigt und Doppelprüfungen nach Möglichkeit vermieden; Einrichtungen mit hohem Qualitätsniveau würden von längeren Prüfintervallen profitieren. Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) würden schneller in die Versorgung gelangen. Kommunen würden bessere Datengrundlagen für die Pflegeplanung erhalten, und innovative gemeinschaftliche Wohnformen sowie flexible Modellansätze in stationären Settings würden erleichtert.

Konkreter Nutzen für die Versorgung von Menschen mit Demenz

Für Betroffene würde das schnellere Hilfe im Alltag bedeuten: weniger Wartezeit auf Unterschriften und eine zügigere Reaktion bei typischen Problemfeldern wie Sturzrisiko, Exsikkose, Schmerzen, Wunden, Unruhe oder Schlafstörungen. Eine verschlankte Dokumentation schüfe mehr Zeit am Menschen – für Beziehungsgestaltung, Milieuarbeit und Gespräche mit Angehörigen. Diese Angehörigenarbeit könnte häufiger und direkter stattfinden und damit Sicherheit und Routine spürbar verbessern. Zudem ließen sich geeignete digitale Unterstützungen – von Erinnerungs- und Aktivierungstools bis zu Anleitungs-Apps – einfacher und strukturierter in den Pflegealltag einbinden.

Ab wann gilt was?

Kurzfristig – also etwa bis 3 Monate nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt (voraussichtlich Dezember 2025 bis Februar 2026) – würden vor allem die „schnellen“ Teile greifen: verschlankte Dokumentation, früher angekündigte Prüfprozesse und erleichterte DiPA-Verfahren. Für die genaue Tätigkeitsliste, welche ärztlichen Leistungen Pflegefachpersonen eigenverantwortlich übernehmen dürften, wären Beschlüsse der Selbstverwaltung nötig. Realistisch ließe sich ein Korridor von rund 3–9 Monaten für Entwürfe, Anhörungen und Beschlüsse ansetzen (etwa März bis September 2026), gefolgt von Ministeriumsprüfung und Veröffentlichung. Damit könnte die Inkraftsetzung erster übertragener Tätigkeiten im Zeitraum Juni bis Dezember 2026 liegen. Eine flächige Umsetzung – mit angepassten Verträgen, SOPs, Schulungen und IT-Prozessen – dürfte je nach Thema weitere Monate beanspruchen; vielerorts wäre daher mit einer breiten Wirksamkeit nicht vor Spätsommer 2026 und Frühjahr 2027 zu rechnen.

Zur Pressemitteilung des BMG

Drucksache 21/2641 des Bundestags (pdf)

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Jochen Gust

Pflegefachperson, Projektmitarbeiter, Demenzbeauftrager im Krankenhaus, Autor, Moderator, Dozent

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