
Der aktuelle BARMER-Krankenhausreport 2025 zeigt: Mit der älter werdenden Bevölkerung wächst die Zahl der Menschen mit Demenz. Damit wächst auch die Zahl ihrer Klinikaufenthalte. Prognose: plus 31 % bis 2040. Schon heute sind rund sieben Prozent der Krankenhauspatientinnen und -patienten demenzerkrankt; häufige Aufnahmeanlässe sind Oberschenkelhalsfrakturen und Herzinsuffizienz. In der Praxis sind das viel mehr als Kennziffern und Daten: es ist ein Versorgungsauftrag, den Krankenhäuser erfüllen müssen.
Notfallaufnahmen und Delir
Mehr als die Hälfte der Aufnahmen passiert als Notfall. Das Delir ist eine Schlüsselkomplikation: Während es gesamt in etwa drei Prozent der Fälle auftritt, betrifft es bei Demenz rund elf Prozent. Der Report nennt als wirksame Bausteine der Delirprävention: Maßnahmen der Orientierung, konsequente Tagesstruktur, frühe Mobilisation sowie flexible Besuchszeiten und das Einbinden der Angehörigen. Alles Dinge, die auf den ersten Blick nicht allzu kompliziert scheinen in der Umsetzung.
Vielerorts fehlen die Strukturen
Menschen mit Demenz werden in vielen Krankenhäusern nicht angemessen versorgt – es fehlt dafür an Struktur, Information – und allzu häufig auch an ausreichend Mitarbeitenden.
Demenz im Krankenhaus – auf einen Blick
Nur rund fünf Prozent der stationär versorgten Menschen mit Demenz werden in Häusern mit einem ausgewiesenen Demenzkonzept behandelt. Der Report fordert eine einheitliche, evidenzbasierte Definition solcher Konzepte mit Mindeststandards. Und Transparenz. Nur so können Zuweiser und Angehörige wissen, wo und welche der notwendigen Strukturen und Prozesse existieren. Nötig sind nicht nur baulich-gestalterische Anpassungen. Auch verbindliche Schulungen für Teams, ein standardisiertes Delirmanagement und klare Prozesse für die Angehörigenmitaufnahme.
Kliniken müssen Hebel in Bewegung setzen
- Vermeidbare Einweisungen reduzieren: Telemedizinisches Monitoring, Sturzprävention und engere Verzahnung mit Hausärztinnen/Hausärzten und Pflege können Notfallaufnahmen senken.
- Demenzsensible Strukturen definieren und flächig einführen: Von der Beschilderung bis zur Beleuchtung – plus Routinen für Delirprävention, Angehörigenarbeit und Kommunikation. Einheitliche Mindeststandards wären ein Schritt nach vorne.
- Demenz frühzeitig erkennen und dokumentieren: Kurzes Screening bei Aufnahme, eindeutige Kennzeichnung in der Akte und sektorenübergreifende Verfügbarkeit (z. B. via ePA) verbessern Planung, Aufklärung und Therapie-/ Pflegepfade.
- Entlassmanagement stärken: Entlassung ab Tag 1 planen; Übergabetelefonat, Kurzzeitpflege-Slots sichern, Hilfsmittel klären, Warnzeichen kommunizieren. Ziel ist eine stabile Nachversorgung ohne Drehtüreffekt.
Die Botschaft des Reports ist klar: Demenz ist längst Alltag in der Akutversorgung, aber die Versorgungsschiene dafür ist noch zu schmal. Wenn Häuser Delirprävention verbindlich umsetzen, Angehörige systematisch einbinden und demenzsensible Konzepte nicht nur pilotieren, sondern standardisieren, sinken Komplikationen und Folgekosten. Bessere Outcomes, weniger Leid.
Es gibt die Krankenhäuser, die vorbildlich auch für Menschen mit Demenz da sind im Rahmen ihrer Möglichkeiten – sie sollten als „best practice“ Einrichtungen auch in der öffentlichen Wahrnehmungen besser vertreten sein.
Jochen Gust
Quellen und weiterführende Informationen
BARMER Krankenhausreport 2025 – Presseunterlagen, Infografiken, PDF-Download. Letzte Aktualisierung: 16.10.2025. BARMER
Ärzteblatt-Bericht: „Bessere Versorgung von Demenzpatienten benötigt“: zum Artikel