Vor Jahren, ich war mit einer Handakte beschäftigt, hörte ich wie eine Patientin mit Demenz angesprochen wurde: „Frau K. – Sie sehen aus als geht es Ihnen nicht gut. Haben Sie Sauerstoffmangel?“. Frau K. ging es tatsächlich nicht so gut – ob Sauerstoffmangel schuld daran war, weiß ich heute nicht mehr. Ich erinnere jedoch, wie verwirrt Frau K. auf die Frage reagierte.
Fachsprache, Fachbegriffe – sie dienen der Kommunikation. Es vereinfacht sie, präzisiert, definiert. Berufsgruppenübergreifend spart das Zeit, erklärt, macht deutlich worum es geht. Und das oft schnell. Sie ist wertvoll. Fachsprache definiert aber auch Gruppen – diejenigen die verstehen gehören dazu. Die anderen nicht. Fachsprache setzt also auch Grenzen – gewollte und ungewollte.
Es gibt eine Vielzahl von Publikationen zum Thema verbalem oder nonverbalem Kontakt mit Menschen mit Demenz. Kaum überschaubar, ebenso wie die Zahl der Referenten die eigene oder fremde Methoden dafür schulen.
Demenz verändert Kommunikation
Es ist richtig, dass eine Demenz Einfluss auf die Kommunikationsfähigkeiten der Betroffenen hat. Ganz verschieden können die Auswirkungen sein, im Allgemeinen geht das Sprechen und Sprachverständnis zurück, Wortfindungsstörungen kommen hinzu etc. .
Kontakt- und Kommunikationsregeln – wenn man sie einfach darstellt, einprägsam beübt und sich als Team erlaubt sich gegenseitig zu trainieren, können schnell zu einer verbesserten Kommunikation mit Menschen mit Demenz beitragen.
„Ich kontrolliere nur schnell Ihren RR, ja?“
Hier soll es nur darum gehen, sich – und bei Gelegenheit den Kolleginnen und Kollegen – einmal bewusst zu machen, wie wir hin und wieder im Arbeitsalltag mit Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen sprechen. In Fachsprache bzw. mit Fachbegriffen, die außerhalb „unserer“ Gesundheitswelt kaum jemand kennt. Versteht der Betroffene aufgrund meiner Fachsprache Begriffe nicht, kann ich auch nicht auf seine Mitwirkung setzen. Eher darauf, dass der Betroffene sie resigniert erleidet – oder Widerstand leistet.
„Ich kontrolliere schnell Ihren RR, ja?“, „Wir versorgen eben Ihren Dekubitus, okay?“ oder „Die Medizin müssen Sie wegen Ihrem Tremor nehmen!“ – mal ehrlich, nehmen wir im Krankenhaus, im Pflegeheim oder im ambulanten Dienst ernsthaft an, dass wir uns mit solchen Sätzen dem Menschen mit Demenz verständlich gemacht haben? Wohl kaum. Wir wissen das. Wir vergessen das immer wieder. Der Arbeitsalltag…. . Schön wenn man ein Team hat, das sich gegenseitig an ein paar (Kommunikations-)Grundsätze erinnern kann, wenn nötig.
Früher war etwas rosa und nicht pink. Zum telefonieren benutzte man ein Telefon – kein Handy. Und manchmal bekam man keine Luft oder konnte kaum atmen – nur Sauerstoffmangel stellte man wohl eher nicht bei sich fest. Auch müssen wir gut aufpassen, dass wir zwischen einem Gefühl / Bedürfnis und einem messbaren Zustand unterscheiden.
In diesem Sinne: achten wir aufeinander und wie wir mit wem wie sprechen. Das nützt uns allen.
Ihr
Jochen Gust
Titelfoto: VÍctor Daniel Giraldo on Unsplash
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