Im Herzen Ostholsteins – Ausbildung mit tierischen Mitbewohnern

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Die Senioren-Residenz Godenblick liegt in Bad Malente in der holsteinischen Schweiz. Obwohl die Einrichtung vergleichsweise groß ist, wirkt die Atmosphäre familiär. Einen sterilen „Heimcharakter“ findet man vergeblich, was nicht nur an der naturnahen Lage und den großzügigen Grünflächen liegt. Atmosphäre kommt schließlich auch von innen und so müssen Pflegebedürftige nicht befürchten, in einer sterilen Krankenhausatmosphäre leben zu müssen. Im Gegenteil: sogar Tiere gehören hier zum Alltag der Heimbewohner und der Mitarbeiter in der Senioren-Residenz.

Sandra Klaas ist seit Eröffnung 1994 Mitarbeiterin der Senioreneinrichtung. Über die Leitung des Sozialdienstes bis zur Pflegedienstleiterin wurde sie 2015 Einrichtungsleiterin.

Jochen Gust: Frau Klaas, schon seit der Eröffnung werden in der Senioren-Residenz Godenblick auch Menschen mit Demenz betreut. Dabei spielten auch schon immer Tiere eine Rolle, die sozusagen Mitbewohner der Einrichtung sind. Vereinzelt können auch Tiere von den Heimbewohnern mitgebracht werden, wenn sie in die Residenz ziehen. Wie gestalten Sie den Kontakt zwischen Heimbewohnern und Tieren – und ist das nicht eine Mehrbelastung für Ihre Mitarbeiter?

Sandra Klaas; Einrichtungsleiterin der Senioren-Residenz Godenblick in Bad Malente.

Sandra Klaas: Nein. Unserer Ziegen und Hasen werden von den Haustechnikern täglich versorgt und die Bewohner übernehmen nur die schönen Aufgaben bei den Tieren, wie füttern und streicheln. Begleitet werden die Besuche bei den Tieren von den Kollegen der sozialen Betreuung. Diese Besuche sind immer ein positives Erlebnis für unsere Bewohner, was sie durch ein Lächeln, Freude, kleine Geschichten oder entspannte Körpersprache äußern. Unsere Hauskatzen sind ebenfalls keine Mehrbelastung für unsere Pflegepersonal. Die Katzen sind im angrenzenden Wald und Garten unterwegs, werden lediglich einmal am Tag von den Kollegen der Betreuung gefüttert und genießen von allen Bewohnern und Mitarbeitern ausgiebige Streicheleinheiten.

Besonders die Katzen haben eine großen beruhigende Wirkung auf Bewohner und Mitarbeiter. Auch für gestresste Kollegen ist es beruhigend, die Katzen zu kraulen und mit ihrem Schnurren belohnt zu werden. Die Katzen haben manchmal auch einen siebten Sinn und legen sich gerne mal zu einem Bewohner, dem es gerade nicht so gut geht. Wir haben auch Bewohner, die Vögel mitgebracht haben. Auch diese werden nicht als Mehrarbeit angesehen. Die Vögel werden gemeinsam mit dem Bewohner und den Kollegen der Betreuung versorgt. Auch hier zählt die Freude der Bewohner, die ihre Tiere bei sich haben. Einzig die manchmal undankbare Aufgabe der Tierarztbesuche und Hufpflege der Ziegen: die übernehme ich persönlich und im Grunde genieße ich das als Abwechslung zu meinen Büroarbeiten.

Jochen Gust: Ihr Haus bildet auch aus. Schon Auszubildende erleben also den wohltuenden Kontakt zwischen Tieren und Menschen mit Demenz, die manchmal regelrecht als Türöffner dienen können. Erleben Sie bei Auszubildenden auch Vorbehalte, tierischen Kontakt aufzunehmen?

Sandra Klaas: Die Situation der Azubis hat sich in den letzten Jahren dramatisch reduziert, wir können und würden gerne mehr ausbilden. Auch hier kommen unserer Tiere gerade bei den jüngeren Azubis und Praktikanten oft sehr gut an, so dass wir die Tiere auch mit in die Werbung nehmen. Die jüngeren Menschen übernehmen dabei lieber die schönen Aufgaben, wie füttern und kuscheln.

Jochen Gust: Die Anforderungen an die Pflegeberufe sind in den letzten Jahren stetig gewachsen – aber gerade auch junge Menschen werden zunehmend selbstbewusster hinsichtlich der Bedingungen an ihre Ausbildung. Die Abbrecherquote ist in der Ausbildung zu hoch. Wie unterstützen Sie Ihre Auszubildenden in der Pflege auf Ihrem Weg, die Pflegeprofis von Morgen zu werden, die wir so dringend brauchen?

Sandra Klaas: Wir haben unser Haus für alle Schulen, Vereine und Kindergärten geöffnet. Oft haben junge Menschen keinen Bezug zu einem Pflegeheim und haben keine Erfahrungen wie unsere Bewohner in einem Pflegeheim leben, oder welche Aufgaben in den Pflegeberufen auf sie zukommen. Um Vorurteile, Ängste und Unwissenheit abzubauen, muss man früh anfangen Kontakte zu ermöglichen. Wir nehmen zum Beispiel sehr gerne Schulpraktikanten 8. bis 10 Klasse bei uns in der sozialen Betreuung, Verwaltung oder auch bei dem Haustechniker auf. So können die jungen Leute erste Erfahrungen in einer Pflegeeinrichtung sammeln. Dieses Jahr haben wir das erste Jahr Azubitage. Hier wollen wir unser Haus öffnen und den Beruf vorstellen, interessante Geräte wie den Defibrillator vorstellen, gemeinsam Blutdruck und Blutzucker messen, aber auch Kontakt zu unseren Bewohnern aufnehmen. Wir sind gespannt, wie der Tag angenommen wird.

Wir bieten 10 bis 12 Ausbildungsplätze bei uns in der Einrichtung an. Jedes Jahr. Dieses Jahr haben wir drei Azubis im zweiten und dritten Lehrjahr und für September zwei Neuanmeldungen. Das ist einfach noch zu wenig. Dabei ist die Vergütung für die Ausbildung attraktiv – wir starten im ersten Lehrjahr mit rund 1280€. Pflege bedeutet aber eben natürlich auch Wechseldienste, Wochenendarbeit und jede Menge Verantwortung. Leider sind diese nicht leichten Bedingungen unseres Berufes oft im Fokus und die vielen tollen Eigenschaften geraten oftmals in den Hintergrund. Neben der Möglichkeit, mit viel Wissen Menschen als professionelle Pflegefachfrau oder -mann zu unterstützen bietet die Pflege schließlich unendlich viel mehr: Teamarbeit, menschliche Nähe, Einfühlungsvermögen, ein Berufsweg dessen Sinn nicht nur im Geldverdienen liegt, der Einfühlungsvermögen fordert und Menschen Sicherheit und Geborgenheit vermittelt und viel, viel mehr.

Fotos: Sandra Klaas; alle Rechte vorbehalten.

Sie möchten Ihre Einrichtung oder Ihren Dienst hier vorstellen? Nehmen Sie Kontakt auf: jochen.gust@demenz-im-krankenhaus.de

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