Swen Staack war 18 Jahre Leiter des Kompetenzzentrums Demenz SH und dessen Vorgängerprojekten. Nun hat die langjährige Mitarbeiterin Anna Jannes die Leitung übernommen.
Swen Staack gehört nicht zu denen, die in Sachen Demenz ein Blatt vor den Mund nehmen und die Dinge schönreden. Das wurde beim vergangen Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft in seinem Vortrag „Salto mortale“ nochmals wohltuend deutlich.
Das Kompetenzzentrum Demenz in Schleswig-Holstein hat sich unter seiner Führung einen exzellenten Ruf erarbeitet – weit über Deutschlands nördlichstes Bundesland hinaus. Zahlreiche Projekte, vom Demenzplan SH bis zur Mobilen Beratung, von verschiedenen Broschüren, Fachtagungen bis hin zum eigenen Schulungsprogramm hat er das Thema Demenz für Betroffene, Angehörige und die versorgenden Berufsgruppen bewegt. Zum 01. Oktober hat er die Leitung des Kompetenzzentrums Demenz abgegeben, auf Facebook wurde dies offiziell am 24.11.23 nochmals mitgeteilt.
Ich selbst kenne und schätze Swen Staack seit vielen Jahren. Als Person, als Kollege, als Netzwerker, als Wissender – und als Mensch, der sich treu bleibt. Bei zahlreichen Begegnungen und in der Zusammenarbeit, z.B. im gemeinsamen Buch *„Leben statt therapeutischer Akrobatik“, habe ich den Austausch, die Diskussion immer geschätzt. Auch dann, wenn wir uns mal nicht einig waren oder werden konnten. Jetzt ist er also beim Kompetenzzentrum ausgestiegen. Zeit, Fragen zu stellen.
3 Fragen an Swen Staack
Jochen Gust: Lieber Swen, nach 18 Jahren an der Spitze nun der Ausstieg. Du bist zu jung und zu fit, um den Wechsel einfach mit so ner Floskel wie „aus Altersgründen den Staffelstab übergeben“ zu erklären. Was sind Deine Gründe?
Swen Staack: Zu jung und zu fit?! Danke. Aber mittlerweile ist es durchaus an der Zeit ein wenig kürzer zu treten. Der Zeitpunkt kommt allerdings tatsächlich etwas früher als erwartet. Aber ich habe in den letzten Monaten vom Sozialministerium Schleswig-Holstein keine Wertschätzung mehr gespürt. Nach vielen Jahren guter und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem zuständigen Referat gab es personelle Veränderungen, die das jetzt nicht mehr zulassen. Mir fehlt die Unterstützung. Fachlich dringend notwendige Aufgaben wie z.B. die von Experten geforderte Fortschreibung des Demenzplan Schleswig-Holstein (als eine der Arbeitsgrundlagen des Kompetenzzentrum Demenz) werden aus unerfindlichen Gründen abgelehnt. Inhaltliche Begründungen sind nicht erkennbar.
Ähnlich ist es mit der Fortführung des Digitalen Demenzwegweisers oder der Mobilen Beratung im ländlichen Bereich. Es geht fast nur noch um Verwaltung und Bürokratie. Nicht mehr um Inhalte. Dazu kommt erstmalig seit 20 Jahren eine Ministerin, die das Thema Pflege augenscheinlich nur ganz am Rand auf der Agenda hat. So haben wir auf Gesprächseinladungen nicht einmal eine Antwort bekommen. Es gibt keinen konstruktiven Austausch mehr. Dieses steht allerdings im Gegensatz zu den sozialpolitischen Sprechern aller Parteien, mit denen der Austausch nach wie vor sehr lebendig und wertschätzend ist. Dort wurden und werden wir weiterhin großartig unterstützt.
Jochen Gust: Du bleibst beim Thema Demenz engagiert – im Vorstand der Deutschen Alzheimer Gesellschaft z.B. und sicher wird man Dich auch auf Veranstaltungen und bei Vorträgen treffen. Hast Du ein neues, ein nächstes Projekt konkret in der Pipeline?
Swen Staack: Sicher bleibe ich dem Thema Demenz verbunden. Im Vorstand der Deutsche Alzheimer Gesellschaft werde ich mich weiterhin stark engagieren. Neue Projekte habe ich eigentlich immer im Kopf. Es gibt ja noch viel zu tun, um die Lebenssituation von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen zu verbessern. Ich werde nun schauen, was sich – vor allem mit wem – umsetzen lässt. Die mehr oder minder ehrenamtliche Geschäftsführung des Landesverbandes Schleswig-Holstein werde ich zudem noch fortführen. Insgesamt geht der Weg für die letzten Berufsjahre aber eher in die Freiberuflichkeit. Ich würde auch gern wieder mehr Vorträge halten. Das werden sich sicher einige Türen auftun. Und im Gegensatz zum Sozialministerium Schleswig-Holstein stehen viele andere Akteure wie z.B. das Bundesfamilienministerium oder der Spitzenverband der Pflegekassen, ja weiter als Partner zur Verfügung, mit denen die Zusammenarbeit nach wie vor vorbildlich ist.
Jochen Gust: Du bleibst ja im Thema – trotzdem: wie hat sich, wenn Du einmal Bilanz ziehen müsstest über die vergangenen Jahre, das Thema Demenz in SH und insgesamt entwickelt? Was ist aus Deiner Sicht besser geworden – oder schwieriger? Wo liegen die Herausforderungen in Zukunft?
Swen Staack: Ich habe nun seit über 20 Jahren versucht in Schleswig-Holstein das Thema Demenz im Sinne der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu befördern. Ich denke, das ist rückblickend gut gelungen. Es gibt einen Demenzplan, ein noch gut funktionierendes Kompetenzzentrum Demenz und viele engagierte Akteure und Unterstützer. Gerade das Kompetenzzentrum Demenz ist bundesweit sehr anerkannt und geschätzt. Hat viele Preise gewonnen, Broschüren verfasst, Veranstaltungen organisiert und unzählige vorbildliche Projekte und Angebote entwickelt und modellhaft umgesetzt. Da bin ich schon ein wenig stolz was dort geschafft wurde.
Insgesamt hat sich die Situation von Menschen mit Demenz und deren An- und Zugehörigen im Bund und in den Ländern sicher verbessert. Aber immer noch gibt zu viele Defizite, die nicht hingenommen werden dürfen. Fehlende Kurzzeitpflegeplätze, exorbitant steigende Pflegekosten oder der Fachkräftemangel in der Pflege sind nur einige. Da gibt es noch viel zu tun.
Jochen Gust: Vielen Dank für Deine Antworten.
Titelbild: Nothing Ahead on pexels
Portrait: Swen Staack
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