An eine neue Regierung werden stets große Erwartungen gestellt. Auch Pflegende hatte und haben große Erwartungen an die Regierungskoalition aus SPD, FDP und Grünen.
Seit Jahrzehnten hoffen vor allem Pflegefachpersonen auf substantielle Veränderungen, die zu einer Verbesserung ihrer Arbeitssituation führen. Es geht um Gesundheit, Lebensqualität und letztlich das Leben von Patienten und Pflegebedürftigen selbst. Die Erwartung an die Bundesregierung waren und sind groß. Es herrschte mit dem neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach auch soetwas wie Aufbruchstimmung, ein kollektiver Hoffnungsschimmer es würde besser werden, nach den in den Augen vieler Pflegender verlorenen Spahnjahren.
Quo vadis Selbstverwaltung der Pflege?
Ein Thema des Koalitionsvertrages ist auch die Selbstverwaltung der Pflege. Dazu wurde festgehalten, dass
Mit einer bundesweiten Befragung aller professionell Pflegenden wollen wir Erkenntnisse
darüber erlangen, wie die Selbstverwaltung der Pflege in Zukunft organisiert werden kann.
Koalitionsvertrag 2021-2025: „Mehr Fortschritt wagen“
Dies ist ein Thema, das vielen Pflegefachpersonen sehr unter den Nägeln brennt. Und zwar aus ganz unterschiedlichen Perspektiven und Standpunkten. Und da Erkenntnisse stets Grundlage für weitere Schritte sein sollten, ist das Thema wichtig: zurecht hat die Regierungskoalition daher angegeben, sich entsprechende Informationen verschaffen zu wollen.
Nur, wann gedenkt sie das denn zu tun? Und wie soll das ablaufen?
Keine Antworten in Abstimmung
*update 22.03.2022* ̶a̶̶u̶̶f̶̶ ̶̶a̶̶n̶̶t̶̶w̶̶o̶̶r̶̶t̶̶e̶̶n̶̶ ̶̶a̶̶u̶̶s̶̶ ̶̶d̶̶e̶̶m̶̶ ̶̶b̶̶u̶̶n̶̶d̶̶e̶̶s̶̶m̶̶i̶̶n̶̶i̶̶s̶̶t̶̶e̶̶r̶̶i̶̶u̶̶m̶̶ ̶̶f̶̶ü̶̶r̶̶ ̶̶g̶̶e̶̶s̶̶u̶̶n̶̶d̶̶h̶̶e̶̶i̶̶t̶̶ ̶̶d̶̶a̶̶z̶̶u̶̶ ̶̶w̶̶a̶̶r̶̶t̶̶e̶̶ ̶̶i̶̶c̶̶h̶̶ ̶̶n̶̶a̶̶c̶̶h̶̶ ̶̶w̶̶i̶̶e̶̶ ̶̶v̶̶o̶̶r̶̶.̶ . Das Bundesministerium für Gesundheit teilte dazu mit: „Insbesondere ist in Anbetracht der aktuellen pandemischen Lage, die durch die Ukraine-Krise noch verschärft wird, sicherzustellen, dass Zeitpunkt und Methodik der Befragung so gewählt werden, dass alle beruflich Pflegenden auch die Möglichkeit erhalten, teilzunehmen und sich einzubringen. Über die Durchführung und konkrete Ausgestaltung der Befragung ist abhängig von den weiteren Entwicklungen im Verlauf der Legislaturperiode zu entscheiden.“ Auch von anderer Seite waren die Antworten ernüchternd. Während die FDP-Fraktion im Bundestag sich bislang überhaupt nicht zu einer Antwort auf Fragen dazu in der Lage sah, verwies das Büro von Cordula Schulz-Asche (Grüne) an die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung Claudia Moll verbunden mit der Hoffnung, dass ich dort konkrete Informationen erhalten könnte. Nun, meine Erwartungen waren diesbezüglich nicht hoch. Die bisher blass gebliebene Nachfolgerin im Amt von Andreas Westerfellhaus lies denn auch knapp mitteilen, dass sie die Verankerung im Koalitionsvertrag begrüße, ansonsten aber keine Informationen zur Umsetzung mitteilen könne: die Abstimmung hierzu sei nicht abgeschlossen.
Informationen dazu, wer sich da mit wem worüber konkret abstimmen muss – Fehlanzeige. Auch eine wenigstens grobe Angabe, wann die erforderlichen „Abstimmungen“ wohl abgeschlossen sein könnten – Fehlanzeige.
Pflege wartet weiter – auf irgendwann
Pflegefachpersonen in Deutschland, egal wie sie zu Themen der Selbstverwaltung stehen, müssen sich also weiter gefallen lassen bestenfalls häppchenweise mit Informationen versorgt zu werden. Oder eben gar nicht. Mehr als hoffen, dass tatsächlich an pflegerelevanten Themen hinter den Kulissen gearbeitet wird, bleibt wohl nicht. Hinzu kommt, dass mit der Befragung und mit dem Sammeln von Erkenntnissen noch kein einziger Schritt hin zur Selbstverwaltung getan ist.
Aussitzen, dies sollte der Ampelkoalition klar sein, lassen sich Pflegethemen nur unter in Kaufnahme von täglichem, vielfachem Leid trotz größter Anstrengungen von Pflegefachpersonen. Für diese ist es allerdings fast schon tröstlich zu wissen, dass jeder Tag der mit „Abstimmungen“ verbracht wird am Ende vielleicht dazu führt, dass das Ergebnis immer weniger Pflegeprofis betreffen wird: sie sind fort. Ausgestiegen. Weil ihne die Zeit davongelaufen ist, die andere offenbar haben.
Jochen Gust
Foto der Ampel: Francis Desjardins von Pexels
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