Nicht einmal die Hälfte der Deutschen traut sich die Pflege naher Angehöriger zu: Laut einer INSA-Umfrage im Auftrag des Arbeitgeberverbands Pflege (AGVP) geben nur 43,7 Prozent an, Angehörige sowohl pflegen zu können als auch zu wollen. Jeder Dritte (34,4 Prozent) sieht sich aufgrund der eigenen Lebensumstände nicht in der Lage dazu, weitere 10,7 Prozent möchten grundsätzlich nicht pflegen.
Pflegebereitschaft ist begrenzt – und bei Demenz ist die Versorgung besonders anspruchsvoll
Die Umfrage zeigt: Schon allgemein traut sich nur ein Teil der Menschen zu, Angehörige zu pflegen. Bei Demenz kommen zusätzlich im Verlauf herausfordernde Verhaltensweisen und später eine völlige Abhängigkeit der Betroffenen – d.h. eine 24-Stunden-Aufmerksamkeit für Pflegende, hinzu. Realistisch heißt das: Für viele Familien ist eine ausschließliche häusliche Versorgung von Menschen mit Demenz weder leistbar noch dauerhaft gesund.
Mehr professionelle und gemischte Versorgungsformen sind nötig. Politik muss die häusliche Versorgung strukturell absichern. Dazu gehört die Stärkung niedrigschwelliger häuslicher Angebote, Tagespflege, Kurzzeitpflege – im Prinzip jede Form der Kombination aus häuslicher Versorgung durch Angehörige und professioneller Pflege.
Die Umfrage unterstreicht: Ohne gute Rahmenbedingungen wird es bei Demenz eher zu Überforderung, Abbrüchen der häuslichen Pflege und Verlegenheitsaufnahmen in Krankenhäuser kommen. Schon heute kann es je nach Region sehr schwer sein, entlastende Angebote überhaupt zu bekommen. Zu befürchten ist auch, dass der „graue Pflegemarkt“ und Schwarzarbeit wachsen werden, fehlt es an bezahlbaren und erreichbaren Angeboten.
Begrenzte Pflegebereitschaft und steigende Zahl von Menschen mit Demenz
Mit dem Älterwerden vieler Menschen in der Republik, wird auch die absolute Zahl von Menschen mit Demenz zunehmen. Es ist naheliegend, dass in der Folge Lücken in der Versorgung zu Hause für die Betroffenen wahrscheinlicher werden. Das spricht dafür, dass Menschen mit Demenz tendenziell früher im Verlauf in eine stationäre Versorgung wechseln könnten. Nicht unbedingt wegen ihrer „Pflegebedürftigkeit an sich“, sondern, weil das familiäre System schneller erschöpft ist. Wenn weniger Menschen bereit sind, zu pflegen, konzentriert sich die reale Pflege auf einen kleineren Teil der Familien – diese sind dann besonders belastet. Belastung ist ein klassischer Risikofaktor für Fehler, Vernachlässigung und Konflikte.



