Ampel-Jahre: verlorene Jahre für die Pflege

Viele Entwicklungen in Sachen Pflege sind so zwingend, die Zustände und der Arbeitsdruck, die enormen Kosten für Pflegebedürftige bzw. Angehörige, dass Reformen eigentlich keinen Aufschub dulden. Auch Karl-Josef Laumann, Sozialminister von NRW, hatte Reformen dringend angemahnt und Vorschläge dazu gemacht.

Leider hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach nichts Notwendiges davon umgesetzt. Ankündigungen gab es Zuhauf. Bei denen ist es auch geblieben. Dabei geht es um nichts weniger als darum, die Versorgung Pflegebedürftiger wenigstens sicherzustellen. Mit Duldung des Bundesrates hat er die große, nach wie vor umstrittene, Krankenhausreform mit dem letzten rot-grünen Röcheln in der Regierung durchbekommen. Und für alle anderen? Werden die Beitragserhöhungen der Krankenkassen bleibende Erinnerungen schaffen. Arbeiten lohnt sich damit mal wieder ein Stück weniger. Auch ein Lauterbach-Verdienst.

Ambulante Pflege, stationäre Langzeitpflege – nichts ist passiert. So kann es nicht verwundern, dass Ulrich Christofczik und Roland Weigel in Ihrer Stellungnahme für die Ruhrgebietskonferenz Pflege Lauterbach scharf kritisieren.

„In Sachen Pflege hat die Ampelkoalition auf ganzer Linie versagt und sich der Vielzahl von Reformvorschlägen mit Ankündigungen und Scheinangeboten entzogen. Diese Bundesregierung war vermutlich die letzte, die dem aufziehenden demografischen Wandel mit seinen sozialen Folgen noch mit einer grundlegenden Reform hätte entgegenwirken können.“.

Die gesamte Stellungnahme lesen Sie hier.

Die nächste Bundesregierung wird lange und vielfach damit beschäftigt sein, die Versäumnis und Schäden der letzten 3 Jahre zumindest abzumildern. Wir brauchen dringend eine echte Pflegeministerin / Pflegeminister, statt eines Ankündigungsministers. Und jemanden, der die Interessen der professionellen Pflege und der Pflegebedürftigen mutig in den Mittelpunkt rückt, sie nicht hinter andere Themen abgleiten lässt. Das wird bei den riesigen Baustellen die die Ampel hinterlässt, sicher nicht einfach.

Aber: auf Zeit spielen geht eben nicht (mehr). Die Zeit gewinnt immer. Und gegen jeden. Also ob man es glaubt oder nicht: es ist im eigenen, ganz persönlichen Interesse, dass Pflege gut funktioniert in diesem Land. Auch dann, wenn man weder beruflich noch privat damit zu tun hat. Die Zeit gewinnt immer.

Im Moment stehen die Chancen, dass Politik mit einer neuen Bundesregierung tatsächlich wieder Themen aufgreift die den Menschen hierzulande auf den Nägeln brennen, gar nicht so schlecht. Pflege ist sicher eins davon. Statt kleinstteiliger, ideologiegetriebener Klientel-Politik: Machen für die Menschen. Alles, auch Fehler sind tolerierbar. Fehler können korrigiert werden. Stillstand allerdings muss mit Macht überwunden werden.

Ich hoffe, nicht nur für den Bereich Pflege, kommt es so.

Jochen Gust

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Jochen Gust

Pflegefachperson, Projektmitarbeiter, Demenzbeauftrager im Krankenhaus, Autor, Moderator, Dozent

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